Kultur und Geschichte des Südens von Korsika

Wer geschichtsinteressiert ist und sich für archäologische Ausgrabungsstätten begeistert, findet im Süden von Korsika zahlreiche historische Orte.

Viele Höhepunkte bietet Korsika dem geschichtlich, musikalisch und allgemein kulturell interessierten Urlauber. Mächtige Zitadellen in den Hafenstädten, Wachtürme auf Inseln und Landspitzen, romanische Kapellen und Kirchen sowie Brücken in den Gebirgstälern sind die Stein gewordenen Zeugnisse der 200-jährigen Herrschaft der Pisaner (1077–1284) und der fast 500-jährigen Herrschaft der Genuesen (bis 1755) auf der Insel.

Noch ältere Zeugnisse der Besiedelung der Insel sind die Menhire, Dolmen, Steingräber, Zyklopenmauern und Festungen der korsischen Megalithkulturen und der Torreaner. Zu den kulturellen Höhepunkten  zählen in der Osterzeit die Karfreitagsprozession „U Catenacciu“ in Sartène und das griechisch-orthodoxe Osterfest in Cargèse. Hochkarätig besetzt sind die Festivals Île Danse in Ajaccio (Mai), das Jazz-Festival Ajaccio (Juni), Les Musicales d’Ajaccio (Juli), die Nuits de la Guitare in Patrimonio (Juli) und das Festival de Musique du Jazz au Penitencier de Coti-Chiavari (August). Am 8. August pilgern Gläubige zur Statue Notre-Dame-des-Neiges auf dem Col de Bavella.

Städte

Bonifacio: Die Stadt Bonifacio (960 Einwohner) hat eine einzigartige Lage: Auf einer 900 Meter langen Kreidefelshalbinsel drängen sich die Häuser der Altstadt (Haute-Ville). Einen Großteil der Halbinsel nehmen jedoch das Kloster Saint-François, der Friedhof Cemetière Marin und eine Kaserne ein. Die eigentliche, von den Mauern der Zitadelle umschlossene Altstadt konzentriert sich lediglich auf rund einem Viertel der Fläche, entsprechend eng geht es in den Gassen zu. Den Mangel an Platz glichen die Bewohner aber durch den Bau von bis zu sechs Stockwerke hohen Häusern aus. Auch wenn mit Restaurierungsarbeiten begonnen wurde, blättert nach wie vor der Putz von vielen Fassaden. Wer sich vom Wasser aus nähert, fragt sich allerdings angesichts des gewagten Bauens bis an den Klippenrand, wie lange manche der Häuser wohl noch stehen werden.

Ajaccio: Die Geburtsstadt Napoléon Bonapartes ist seit der Antike besiedelt und wurde in seiner heutigen Form 1492 von den Genuesen gegründet. Die Hafenstadt Ajaccio (67.510 Einwohner) mit dem zweitwichtigsten Hafen der Insel liegt an einer der schönsten Buchten der Westküste, die von einer herrlichen Bergkulisse eingerahmt wird. Die Stadt ist Sitz des korsischen Regionalparlaments, der Assemblée de Corse. In der Inselhauptstadt liegt auch der größte Flughafen der Insel; Fähren fahren nach Marseille, Toulon und Nizza und im Sommer zusätzlich nach Calvi und Propriano. Die Stadt ist zudem Endstation der Schmalspurbahnstrecke nach Calvi und Bastia. Die Zitadelle der Stadt wurde 1492 erbaut. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten gehören neben den Museen die Kathedrale Notre-Dame-de-la-Misericorde (Ende des 16. Jahrhunderts), die Ähnlichkeiten mit byzantinischen Kirchen aufweist.

Sehenswertes: Vom Wasser aus erreicht man die Oberstadt über eine breite Treppe, die Montée St-Roch. Sie beginnt bei der Kirche Saint-Erasme und führt zur bis heute funktionstüchtigen Zugbrücke (1598). Durch die Porte de Gênes betritt man schließlich die Altstadt. Auf den nördlich der Halbinsel liegenden Hafen blickt man von der Bastion de l’Etendard – den wenigen Resten der Stadtbefestigung, die 1553 bei einer Belagerung zerstört wurde. Vor der Église Sainte-Marie-Majeure (12. Jh.) befindet sich die Loggia, unter deren Bögen früher das Stadtparlament tagte. Die unter der Kirche gebaute Zisterne wird heute als Ausstellungs- und Konferenzraum genutzt. Aus dem 13. und 14. Jh. stammt die gotische Église Saint-Dominique, in der Gemälde und Reliquienschreine zu besichtigen sind. Für die Versorgung mit Mehl baute man Ende des 13. Jahrhunderts Kornmühlen; eine dieser Mühlen wurde restauriert, leider allerdings ohne Flügel. Wer Zeit hat, läuft bis zum Marinefriedhof an der Spitze der Halbinsel, hier und rund um die Klosterkirche (13. Jahrhundert) geht es ruhiger als in den Altstadtgassen zu.

Nicht entgehen lassen sollte man sich den Spaziergang durch die Gänge des Gouvernail de la Corse, wo noch Reste von Geschützen zu sehen sind. Auf halber Höhe der Felsen genießt man dann einen schönen Blick Richtung Sardinien. Ein touristisches Muss ist die Escalier du Roi d’Aragon, die unweit des 35 Meter hohen Torrione (pisanischer Wachturm von 1195) in 187 Stufen an den Kreidefelsen entlang zum Meer hinunterführt. Unten kann man ein Stück an den Felsen entlang zu einer Grotte laufen, in der sich früher eine Süßwasserquelle der Stadt befand. Die Unterstadt liegt am Fischer- und Yachthafen, der von Bars und Restaurants gesäumt wird. Der Naturhafen hat eine einzigartige Lage in einem 1,5 Kilometer langen fjordartigen Einschnitt hinter der Halbinsel mit der Altstadt.

Cargèse: Die Stadt (1.280 Einwohner) ist eine Gründung griechischer Flüchtlinge aus dem Jahr 1774. Während ein Teil der Stadtgründer zum römisch-katholischen Glauben übertrat, blieb ein anderer Teil dem griechisch-orthodoxen Glauben treu. So erklärt sich auch die Existenz der zwei 1825 bzw. 1851 erbauten Kirchen, der weißen katholischen Église latine und der farbenfrohen griechisch-orthodoxen Église grecque. Zu den Sehenswürdigkeiten im Umland zählen das Couvent Saint François, die Dolmen von Paomina und die genuesischen Wachtürme (1605/1606).

Porto-Vecchio: Die Stadt (11.354 Einwohner) wird auch als das „Saint-Tropez“ Korsikas bezeichnet und zählt dank der nahe gelegenen Traumstrände Palombaggia und Santa Giulia und dem interessanten Hinterland (Alta Rocca) zu den beliebtesten Urlaubsorten Korsikas. Früher verdienten die Einwohner der drittgrößten Stadt der Insel ihr Geld mit der Gewinnung von Salz. Die von Mauern umgebene Altstadt mit einem Labyrinth an Gassen umfasst ein 3 ha großes Areal und liegt rund zehn Minuten Fußweg oberhalb der Marina. Die Genueser errichteten die Zitadelle 1540 auf einem Porphyrfelsen, der einen natürlichen Schutz vor Piratenangriffen bot. Einen schönen Blick genießt man von den Mauern, von der Porte Genoise, dem genuesischen Festungstor, aber auch von den Terrassen vieler Altstadtrestaurants. Am Hauptplatz Place de la République erhebt sich die Église Saint Jean-Baptiste. Auf den nahe gelegenen Salzmarschen wächst heute die Korkeiche, der Kork wird vor allem nach Sardinien exportiert, wo er zu Souvenirs verarbeitet wird.

Sartène: Die auf einem Hügel errichtete Stadt (3.420 Einwohner) mit einem nahezu perfekt erhaltenen mittelalterlichen Stadtbild verströmt bis heute eine etwas unheimliche Atmosphäre. Auf steilen Granitwänden wurden hohe Stadthäuser errichtet, steile Treppen und enge, verwinkelte Gassen sollten in unsicheren Zeiten vor Überraschungsangriffen schützen. Ab dem 13. Jahrhundert residierte hier das in Südkorsika mächtige Adelsgeschlecht Della Rocca, das erst Anfang des 16. Jahrhunderts von den Genuesern verdrängt wurde. Neben den Belagerungen von außen litt die Stadt aber auch sehr stark unter den Fehden der Familien der Stadt. In den 1830er-Jahren bekämpften sich zwei von ihnen so blutig, dass die Bewohner die Fenster der unteren Stockwerke zumauerten. Die Fenster blieben bis heute verschlossen und sind der Grund dafür, dass viele Stadthäuser einen wehrhaften Charakter haben. In der Église Sainte-Marie versuchte man schließlich die verfeindeten Familien zum Abschluss von Friedensverträgen zu ermutigen. Zu den Höhepunkten des Jahres zählt die seit Jahrhunderten veranstaltete Karfreitagsprozession (U Catenacciu), bei der an die Kreuzigung erinnert wird. Sehenswürdigkeiten in der Umgebung sind der Capu de Roccapina (torreanischer Kultplatz), die Megalithen von Cauria, die genuesische Brücke Spin a Cavallu (13. Jahrhundert) über den Rizzanese sowie die eindrucksvollen Menhire U Frate e a Sora.

Ausflug in die Vergangenheit

Funde belegen, dass Korsika schon sehr früh besiedelt war, der älteste Fund, das Skelett der „Dame de Bonifacio“, wird auf 6570 v. Chr. datiert. Mit Generalinspektor Prosper Mérimée (Mitte des 19. Jahrhunderts) und Roger Grosjean (1955) schickte Frankreich zweimal Archäologen auf die Insel, um die Fundstellen und Exponate zu erfassen. Viele Funde waren jedoch im Laufe der Jahrtausende schon zerstört oder das Material anderweitig verwendet worden, andere liegen möglicherweise noch immer unter der undurchdringlichen Macchia verborgen. Dank Grosjean weiß man heute, dass die Insel schon vor über 8.000 Jahren besiedelt war und dass es die ganzen Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung Verbindungen zu anderen Inseln und Regionen rund ums Mittelmeer gegeben haben muss. Grosjean teilte die Epoche der Megalithkulturen in drei Abschnitte: Megalithikum I (3200–2500 v. Chr.), Megalithikum II (2500–1600 v. Chr.) und Megalithikum III (1600–1000 v. Chr.). Zu den Funden aus dieser Epoche gehören Steinkistengräber, Menhire, Dolmen und Menhir-Reihen (alignements). Um 1600 v. Chr. tauchte im Süden Korsikas ein weiteres Volk auf, das auf der Insel wuchtige Felsburgen und Türme baute und wegen seiner Turmbauten von den Archäologen „Torreaner“ genannt wurde. Mit ihren Bronzeschwertern und Dolchen waren die Torreaner den Megalithvölkern im Westen und in Zentralkorsika überlegen. Deren Kultstätten und Siedlungen wurden zerstört, die Menhire als Baumaterial für eigene torreanische Bauwerke verwendet. Dennoch ging die Kultur der Torreaner praktisch zeitgleich mit der des Volks des Megalithikums III um 1000 v. Chr. unter.

Bedeutende archäologische Fundstätten in Südkorsika

Filitosa: Eindrucksvolle prähistorische Statuenmenhire (manche mit eingemeißelten Schwertern und Dolchen, zum Beispiel die Statue Filitosa V), die teilweise menschliche Gesichtszüge tragen. Außerdem Nuraghen der Megalithkulturen sowie Türme der Torreaner. Ausgrabungsstätte und Museum.

Cucuruzzu und Castellu di Capula: Die gut erhaltenen torreanischen Kultstätten liegen auf dem Plateau Pianu di Levie und waren vom 9. bis 4. Jh. v. Chr. bewohnt. Typisch für die Festungsanlagen war die Integration vorhandener Felsen. Bis zu 1 t schwere Felsblöcke wurden hier zu mächtigen Türmen und Zyklopenmauern aufgeschichtet. Ein Statuenmenhir ist beispielsweise mit einem 94 Zentimeter langen Schwert bewaffnet.

Menhire und Dolmen von Cauria: Auf dem Plateau von Cauria wurden insgesamt 170 Monolithen gefunden: Die zwischen Weinbergen und Weiden liegende Menhirreihe von Stantari besteht aus elf Menhirstatuen in zwei Reihen, die teilweise mit Schwertern bewaffnete Krieger darstellen. Rund 50 Menhire finden sich in der Alignement de Renagui. Der bekannteste Dolmen ist der in der Nähe liegende Dolmen de Fontanaccia. Er ist 2,6 Meter lang und 1,6 Meter hoch und von einer drei Tonnen schweren Grabplatte bedeckt. Alle Fundstätten lassen sich von einem Parkplatz aus in zehn bis fünfzehn Gehminuten erreichen.

Alignements de Palaggiu: Unter der Macchia liegen über 250 Menhire, von denen nur ein Teil freigelegt ist. Sechs Menhirreihen wurden in Nord-Süd-Ausrichtung, eine in Ost-West-Richtung aufgestellt.

Castellu d’Araggio: Die torreanische Steinfestung befindet sich am Rand des Forêt de l’Ospedale oberhalb der Bucht von Porto-Vecchio. Die Festungsanlage wurde etwa 2000 v. Chr. errichtet und beeindruckt mit einer vier Meter hohen und zwei Meter breiten Ringmauer sowie mit Bastionen, Treppen und den Resten eines Turms. Orii Im 16. und 17. Jahrhundert bauten sich Schäfer, die im heißen Sommer von der Küste in die Berge zogen, Schutzräume beziehungsweise Lagerräume unter natürlichen Überhängen (Abri) oder in die Hohlformen der Tafoni. Leicht zu besichtigen sind der Oriu di Canni und der Oriu di Chera, beide liegen in Figari südlich von Sotta.

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